Wilm Hosenfeld  1895-1953 © Detlev Hosenfeld

 


Dieter Schenk

Einführungsvortrag Wilm Hosenfeld
Veranstaltung Buchcafé Bad Hersfeld am 27.3.2003

Wilm Hosenfeld wurde 1895 in Mackenzell/Rhön geboren und wuchs in
einem katholischen Elternhaus auf.
Er studierte Pädagogik, sein Vorbild war Pestalozzi.
Das Staatsexamen macht er kurz vor Beginn des I. Weltkrieges.
Am Krieg nahm er in Flandern, Russland und Rumänien teil und wurde
mehrfach – auch schwer - verwundet.
1922 heiratete er als junger Lehrer eine Frau aus einer Worpsweder
Malerfamilie. Seine Frau war eine Pazifistin und ergänzte die humane
Grundeinstellung des Ehemannes, die sich anfangs in seinem besonders
liebevollen Verhältnis zu Schulkindern zeigte. (Er trug immer zwei
Taschentücher bei sich, eins für sich und eins für die Rotznasen seiner
Schüler).
1927 zog die Familie in das Rhöndorf Thalau, wo Wilm Hosenfeld die
Volksschule leitete.
Er war überzeugter Christ und Patriot. Die nationalsozialistische
Bewegung zog ihn an, er wurde Mitglied des NS-Lehrerbundes und war
davon überzeugt, dass Hitler ein großer Staatsmann sei, der den Versailler
Vertrag zerriss und die Arbeitslosigkeit abschaffte.
Ab 1936 packten ihn erste Zweifel.
Trotzdem zog er 1939 – da war er 44 Jahre alt - mit der Fuldaer
Landesschützen-Kompanie in den Krieg in der Überzeugung, dass der
Bolschewismus bekämpft werden muss.
Hitler hatte allerdings am 23. August 1939 einen Nichtangriffspakt mit
Stalin geschlossen, um einen Zweifronten-Krieg zu vermeiden. Das
geheime Zusatzabkommen sicherte den Sowjets erhebliche Teile des
polnischen Staatsgebietes zu.
Am 1. September 1939 überfiel Hitler völkerrechtswidrig Polen und
besiegte den Staat aufgrund des militärischen Übergewichts in knapp
einem Monat. Das Wort „Blitzkrieg“ wurde zum Unwort des Jahres 1939.
Am 3. September erklärten Großbritannien und Frankreich Deutschland
den Krieg, ohne allerdings in das Geschehen einzugreifen, worauf Polen
gehofft hatte.

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Dieter Schenk

Schlusswort Hosenfeld-Tagung am 21.1.2005 in Lodz

 

Vor über einem Jahr auf der Autofahrt zwischen Warschau und Bromberg erzählte ich Herrn Prof. Witold Kulesza vom Leben und Sterben des Wilm Hosenfeld. Ich berichtete von meinem Kontakt zur Familie in Fulda und von einer Veranstaltung in Bad Hersfeld, in der Herr Dr. Helmut Hosenfeld aus Briefen und Tagebüchern des Vaters las.

Prof. Kulesza ist ein sensibler und politisch aufmerksamer Mann, der die Geschichte sofort aufgriff, die nicht nur bedeutungsvolle Bezüge zu Polen aufweist, sondern auch wegen des Polanski-Films eine gewisse Popularität genoss.

Als Chef der Hauptkommission veranlasste Herr Kulesza sofort Recherchen, und er nahm Kontakt mit dem damaligen israelischen Botschafter in Warschau, Schewach Weiss, auf.

Anlässlich einer Dienstreise nach Jerusalem intervenierte Prof. Kulesza zugunsten von Wilm Hosenfeld, dessen Akten in der Gedenkstätte Yad Vashem bereits geschlossen worden waren. Die Verantwortlichen hatten entschieden, Wilm Hosenfeld nicht als „Gerechten unter den Völkern“ auszuzeichnen, weil man sich unbegreiflicherweise auf Ergebnisse des sowjetischen Geheimdienstes aus der Zeit des Stalinismus stützte. Ob der Versuch, die Akten noch einmal zu öffnen erfolgreich war, blieb bisher unbeantwortet.

Schließlich nahm Prof. Kulesza mit seiner Gattin im Juli vergangenen Jahres an der Präsentation des Buches in Berlin teil und lernte bei dieser Gelegenheit Familie Hosenfeld kennen.

Auch unterrichtete er in Warschau und Lodz die Medien über den ungewöhnlichen Hauptmann der deutschen Wehrmacht, der jeden zu retten versuchte, wenn er dazu in der Lage war.

Wilm Hosenfeld war nicht nur ein Freund der Polen, sondern der Menschen schlechthin . Und er  ist ein liebevoller Ehemann und warmherziger Familienvater gewesen und ein fortschrittlicher Lehrer, wie wir aus dem Munde seines ältesten Sohnes erfuhren.

Es ist uns als deutschen Gästen dieser Veranstaltung nicht Pflicht sondern Bedürfnis, die Orte des Schreckens, an denen viele deutsche Väter und Großväter gewütet haben, in Lodz und Pabianice kennen zu lernen. Es waren unsere Väter und Großväter, die Geschichte darf sich nicht in Anonymität auflösen. Deshalb sind wir hier. Wir teilen das Leid der polnischen Bürger, die durch Massenmord, Verlust der Freiheit, Erniedrigung, Sklavenarbeit und Ausbeutung gelitten haben, worüber Herr Sławomir Abramowicz berichtete.

Es gab Opfer und Täter. Frau Staatsanwältin Anna Galkiewicz ermöglichte uns Einblick in das Schicksal von zwei Mordfällen, wie sie so oder so ähnlich zum schrecklichen Alltag zählten.

Auch wenn wir als Folgegenerationen keine Schuld tragen, lastet die Hypothek der Nazigräuel auf uns Deutschen. Es bedeutet uns nicht Ent-Lastung, aber doch tiefe Befriedigung, dass es Menschen wie Wilm Hosenfeld gab, die aufrechte Gesinnung, christliche Nächstenliebe und beispielhafte Humanität über soldatische Pflicht und Gehorsam gegenüber einem barbarischen Regime stellten – selbst unter Einsatz ihres Lebens.  Dank des Referates von Herrn Dr. Thomas Vogel können wir uns darüber ein umfassendes Bild machen.

Und Herr Prof. Dr. Kulesza unterstrich unter anderem, dass Hosenfeld nicht Polen etwa diffamierte, sondern dass ihm ein Feindbild fehlte, er Verständnis dafür zeigte, dass sein polnischer Gesprächspartner Brut inständig wünschte, die Deutschen sollen den Krieg verlieren. Herr Kulesza betonte, dass wir die wirkliche Zahl der Menschen, die Hosenfeld rettete oder denen er half, nicht kennen. Und Herr Kulesza entschuldigte sich als polnischer Generalstaatsanwalt dafür, dass in der Nachkriegszeit die polnische Staatsanwaltschaft nicht alles Menschenmögliche unternommen habe, Wilm Hosenfeld zu retten, das heißt ihn aus sowjetischem Gewahrsam zu befreien. 

Herr Prof. Kulesza ist Initiator und Motor beim Zustandekommen dieser Tagung, wofür wir, die deutschen Gäste, ihm sehr, sehr herzlich danken.

Da ich hinter die Kulissen der umfangreichen Vorbereitungen schauen durfte, möchte ich im Namen der deutschen Teilnehmer den unermüdlichen Organisatoren Dank sagen, nämlich
Herrn Dyrektor Marek Druzka und seinem Team von der Abteilung des IPN in Lodz und
Herrn Dyrektor Antoni Galinski und Frau mgr. Marta Siwik von der Hauptkommission.

Die sprichwörtlich überragende polnische Gastfreundschaft zu erfahren, haben wir deutschen Teilnehmer an diesen drei Tagen Gelegenheit. Es erwartet uns ein erlesenes Rahmenprogramm, von einer historischen Straßenbahn bis zu Musik von Mendelsohn-Bartholdy und Musorgski in der Lodzer Philharmonie. Hierfür haben Sie, verehrte Herren Stadtpräsidenten von Lodz und Pabianice, wesentliche Bedingungen geschaffen, wofür ich herzlich in aller Namen Dank sage.
Wir alle sind von der Tagung und dem attraktiven Programm beeindruckt, freuen uns hier zu sein, Kontakte zu knüpfen und Gedanken auszutauschen.

Wir schließen die Tagung, nachdem wir über das Unheil des Kriegs, über Macht und Machtmissbrauch, aber auch über menschliche Größe erfahren haben.
Ich danke den Veranstaltern, ich danke der Referentin und den Referenten und ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. 

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Programm der Verleihung des Hosenfeld-Szpilman-Gedenkpreises 2015
an Herrn Prof. Dr. Witold Kulesza am 28. Januar 2015 
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Laudatio für Prof. Dr. Witold Kulesza von Dieter Schenk 
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