Proklamation des Generalgouverneurs am 1.8.1941

(aus: du Prel,Das Generalgouvernement,Würzburg 1942)

 


LEMBERG UND OSTGALIZIEN

Beleuchtet man die Ereignisse in Lemberg während der NS-Zeit, dann steht die Ermordung polnischer Hochschullehrer in Lemberg im Mittelpunkt -  ein Ereignis, das in Polen in jedem Geschichtsbuch behandelt wird, jedoch in Deutschland relativ unbekannt ist. Das Verbrechen war von großer Tragweite, wurden doch, neben der menschlichen Tragödie, bedeutende Angehörige der wissenschaftlichen Elite ausgelöscht, und einmal mehr war fühlbar, dass die Nationalsozialisten in einer kaum für möglich gehaltenen Brutalität vor keiner Gräueltat zurückschreckten. Viele der Professoren galten als Kapazitäten ihres Fachgebietes und genossen international einen hervorragenden Ruf.

Mit dem Überfall auf die UdSSR drangen Einsatzgruppen der Gestapo und des SD „rückwärts der fechtenden Truppe“, wie es damals hieß, am 30. Juni 1941 in Lemberg ein und ermordeten in wenigen Tagen über 7000 Menschen. In der Nacht des 3./4. Juli holten Festnahmetrupps des Einsatzkommandos z.b.V. (zur besonderen Verwendung) 52 Menschen aus ihren Wohnungen. Die Wissenschaftler - Angehörige der Lemberger Jan-Kazimierz-Universität, der Technischen Hochschule, des Staatlichen Krankenhauses und der Akademie für Veterinärmedizin - waren auf Fahndungslisten verzeichnet. Mitgenommen wurden auch Ehefrauen, Söhne über 18 Jahre, zufällig anwesende Freunde, Hausbewohner und Bedienste. Es folgte ein kurzes Verhör unter Demütigungen, Beleidigungen und Misshandlungen. Als die Aufregung bei dem Sohn von Dr. Stanislaw Ruff einen epileptischen Anfall auslöste, wurde er vor den Augen der Eltern erschossen. Zusammen mit Prof. Longchamps de Bérer wurden drei seiner Söhne im Alter zwischen 18 und 25 Jahren erschossen.  Frau Miesowicz verlor Vater, Sohn, Schwager und Cousin. Aus der Hausgemeinschaft von Prof. Ostrowski wurden 7 Personen umgebracht. Überwiegend in derselben Nacht beziehungsweise in den folgenden Tagen hat das deutsche Kommando 45 der Festgenommenen ermordet.
Die Professoren hatten ein Durchschnittsalter von 58,6 Jahren, der emeritierte Prof. Solowij war 82 Jahre alt. So gut wie alle sahen sich ihrer Wissenschaft verpflichtet und waren mit Ausnahme von Prof. Kazimierz Bartel politisch nicht aktiv. Auch waren sie bis auf Dr. Ruff keine Juden. Die SS-Schergen ermordeten sie zum Zwecke der Abschreckung im Rahmen des sogenannten Programms zur  Vernichtung der Intelligenz. Am 8. Oktober 1943 wurden, um Spuren zu verwischen, die Leichen schließlich aus dem Massengrab exhumiert und verbrannt.

Bei der Ausführung des Verbrechens wurden die Erfahrungen aus dem Jahr 1939 zugrunde gelegt, als die Wehrmacht am 1. September Polen überfiel, was Hitler als „Manöver“ bezeichnete. Alsbald (21. Oktober 1939) gab er  zu erkennen, dass er nach dem Sieg über „den Westen“ Russland ins Visier

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NAMENSLISTER DER OPFER

      Am 4. Juli 1941 ermordet:

  1. Prof. Dr. Antoni Cieszyński, 59 Jahre, Dir. d. Stomatologischen Klinik. UJK
  2. Prof. Dr. Władysław Dobrzaniecki, 44 Jahre, Ober-Arzt Abt. f. Chirurgie PSP
  3. Prof. Dr. Jan Grek, 66 Jahre, Professor an d. Klinik f. Innere Krankheiten UJK
  4. Maria Grekowa, 57 Jahre, Ehefrau v. Professor Grek
  5. Doz. Dr. Jerzy Grzędzielski, 40 Jahre, Direktor d. Augen-Klinik UJK
  6. Prof. Dr. Edward Hamerski, 43 Jahre, Dir. d. Klinik f. Innere Krankheiten AWL
  7. Prof. Dr. Henryk Hilarowicz, 51 Jahre, Professor an d. Klinik f. Chirurgie UJK
  8. Priester Dr. theol. Władysław Komornicki, 29 Jahre, Verwandter v. Frau Ostrowska
  9. Eugeniusz Kostecki, 36 Jahre, Ehemann d. Vermieterin v. Prof. Dobrzaniecki
  10. Prof. Dr Włodzimierz Krukowski, 53 Jahre, Direktor d. Lehrstuhls f. Elektrische Messungen PL
  11. Prof. Dr. Roman Longchamps de Bérier. Direktor d. Lehrstuhls f. Ziviles Recht UJK
  12. Bronisław Longchamps de Bérier, 25 Jahre, Absolv. d. PL, Sohn v. Professor L.
  13. Zygmunt Longchamps de Bérier, 23 Jahre, Absolv, d. PL, Sohn v. Professor L.
  14. Kazimierz Longchamps de Bérier 18 Jahre, Absolv. d. Mittelschule, Sohn v. Prof. L 
  15. Prof. Dr. Antoni Łomnicki, 60 Jahre, Direktor d. Lehrstuhls f. Mathematik PL
  16. Adam Mięsowicz, 19 Jahre, Absolv. d. Mittelschule, Enkel v. Professor Sołowij
  17. Prof. Dr Witołd Nowicki, 63 Jahre, Leiter Institut für Pathologische Anatomie UJK
  18. Dr. med. Jerzy Nowicki, 27 Jahre, Ober-Assistent Hygiene Institut, Sohn v. Prof. N. 
  19. Prof. Dr. Tadeusz Ostrowski, 60 Jahre, Direktor d. Klinik f. Chirurgie UJK
  20. Jadwiga Ostrowska, 50 Jahre, Ehefrau v. Prof. Ostrowski
  21. Prof. Dr. Stanisław Pilat, 60 Jahre, Direktor d. Lehrstuhls f. Technologie v. Petrol u. Erdgase PL
  22. Prof. Dr. Stanisław Progulski, 67 Jahre, Prof. an der Klinik f. Kinderkrankheiten UJK
  23. Ing. Andrzej Progulski, 29 Jahre, Sohn v. Professor Progulski
  24. Prof. Dr. Roman Rencki, 67 Jahre, Direktor d. Klinik f. Innere Krankheiten UJK
  25. Dr. med. Stanisław Ruff, 69 Jahre, Ober-Arzt d. Abt. f. Chirurgie d. Jüdischen Krankenhauses, festgenommen in der Wohnung v. Prof. Ostrowski
  26. Anna Ruffowa, 55 Jahre, Ehefrau v. Dr. Ruff
  27. Ing. Adam Ruff, 30 Jahre, Sohn v. Dr. Ruff
  28. Prof. Dr. Włodzimierz Sieradzki, 70 Jahre, Direktor d. Lehrstuhls f. Gerichtliche Medizin UJK
  29. Prof. Dr. Adam Sołowij, 82 Jahre, em. Ober-Arzt d. Abt. f. Geburtshilfe u. Gynäkologie PSP
  30. Prof. Dr. Włodzimierz Stożek, Direktor d. Lehrstuhls f. Mathematik PL
  31. Ing. Eustachy Stożek, 29 Jahre, Ass. d. PL, Sohn v. Professor Stozek
  32. Emanuel Stożek, 24 Jahre, Absolv. d. Chemischen Fakultät PL, Sohn v. Prof. St.
  33. Dr. jur.Tadeusz Tapkowski, 44 Jahre, festgenommen in d. Wohnung v. Prof. Dobrzaniecki
  34. Prof. Dr. Kazimierz Vetulani, 52 Jahre, Direktor d. Lehrstuhls f. Theoretische Mechanik PL
  35. Prof. Dr. Kacper Weigel, 61 Jahre, Direktor d. Lehrstuhls f. Messkunde PL
  36. Mgr jur. Józef Weigel, 33 Jahre, Sohn v. Professor Weigel
  37. Prof. Dr. Roman Witkiewicz, 55 Jahre, Direktor d. Lehrstuhls f. Maschinenmessungen PL
  38. Prof. Dr. Tadeusz Żeleński-Boy, 66 Jahre, Literat, Direktor d. Lehrstuhls f. Französische Literatur d. Universität, festgenommen in d. Wohnung v. Prof. Grek

Am 4. oder 5. Juli 1941 ermordet:

  1. Katarzyna Demko, 34 Jahre, Lehrerin d. Englischen Sprache, festgenommen in d. Wohnung v. Prof. Ostrowski
  2. Doz. Dr. Stanisław Mączewski, 49 Jahre, Ober-Arzt d. Abt. f. Geburtshilfe u. Gynäkologie PSP
  3. Maria Reymanowa, 40 Jahre, Krankenpflegerin, festgenommen in d. Wohnung v. Prof. Ostrowski
  4. Wolisch, 40-45 Jahre, Geschäftsmann, festgenommen in d. Wohnung v. Prof. Sieradzki

Am 12 Juli 1941 ermordet:

  1. Prof. Dr. Henryk Korowicz, 53 Jahre, Direktor d. Lehrstuhls f. Ökonomie AHZ
  2. Prof. Dr. Stanisław Ruziewicz, 53 Jahre, Direktor d. Lehrstuhls f. Mathematik AHZ

Am 26 Juli 1941 ermordet:

  1. Prof. Dr. Kazimierz Bartel, 59 Jahre, dreimaliger Premier d. Polnischen Republik, Direktor d. Lehrstuhls f. Entwurf-Geometrie PL
Abkürzungen

UJK    Königl. Universität Lemberg
PL       Polytechnikum Lemberg

(aus: Dieter Schenk, Der Lemberger Professorenmord und der Holocaust in Ostgalizien, S. 258-260, Bonn 2007)

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ZENSUR

Der nachfolgende Redebeitrag wurde von der katholischen Kirche in Lemberg im Gedenkgottesdienstes in Lemberg und von der Behörde des Stadtpräsidenten Lemberg (Protokoll-Abteilung) anlässlich der Einweihung eines Denkmals zum 70. Jahrestag des Professorenmordes am 3. Juli 2011 in Lemberg untersagt.

>>> Voller Text der Rede
>>> polnische Fassung  

Denkmal am Ort der Ermordung der polnischen Professoren in den Wulecki-Hügeln am Stadtrand von Lemberg

Foto: Jacek Tokarski

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