© Matthias Rassmann
"Für Mandela"
Öl auf Holz (1986)
Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers
m.rassmann@helimail.de

 

Folter

„Folter ist für die Opfer in nie zuvor gekannter Weise unvorhersagbar, gleichzeitig unausweichlich und zumeist unkontrollierbar“, weiß der Psychotherapeut Norbert F. Gurris vom Behandlungszentrum für Folteropfer Berlin aus seiner Erfahrung zu berichten. „Folter kann daher auch nicht ‚bewältigt’ werden. Der fast immer zu erwartende Zusammenbruch des Selbst und der Selbstwerte führt zu einem Erleben eigenen totalen Versagens, der Zuschreibung von eigener Schuld und damit zu überwältigenden Schamgefühlen. Der unter der Folter oft unausweichliche Verrat von Freunden, Verwandten und Gesinnungsgenossen konnte nicht vorausgesehen werden. Oft deckt das Bewusstsein dies später wieder zu mit der Folge verstärkter, aber diffuser Scham- und Schuldgefühle, die sich in quälenden psychosomatischen Symptomen ausdrücken. In vielen Fällen findet eine ‚traumatische Bindung’ an die Folterer statt, indem diese im Nachhinein unterschwellig geschützt und geschont werden, manchmal kommt es sogar zur Identifikation mit dem Peiniger. Viele Opfer erleben keine eindeutige, zielgerichtete Wut und Aggression gegenüber den Folterern, sondern eher gegen sich selbst.“
Ein Patient des Behandlungszentrums: „Zuerst dachte ich, sie würden mich totschlagen. Darauf war ich gefasst, und hätten sie es doch nur getan. Aber das Schlimmste waren die Pausen; ich wusste nie genau, ob und wann sie mich wieder quälen würden. Stattdessen haben mich die Folterer langsam aufgesogen mit ihren Bemerkungen über mein Geschlecht, mit schlechten Witzen, grausamer als der Schmerz war auch das Alleinsein nach der Folter, da bin ich verrückt geworden. Ich habe mich gefühlt wie ein Tier, ein getretener Hund, der trotzdem immer abhängiger wird von der Gnade seines sadistischen Herrn.“
(Graessner/Gurris/Pross (Hg): Folter. An der Seite der Überlebenden, München 1996, S. 49f.)

 

 

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Jemand muss das Schweigen brechen. Über die Zusammenarbeit des BKA mit Folterstaaten

Weltweit sind in der Interpol-Organisation 188 Staaten zusammengeschlossen, die eng miteinander
kooperieren. In 111 dieser Staaten, das sind 59 Prozent, werden Menschen gefoltert
und misshandelt.1
Wird von Staats wegen systematische Folter toleriert, dann sind auch andere schwerwiegende
Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung. Von den Interpol-Ländern sind:
– 34,4 % an extralegalen Hinrichtungen und polischem Mord beteiligt
– 13,4 % für das spurlose Verschwinden von Menschen verantwortlich
– 36,0 % an der willkürlichen Verhaftung von Menschen schuld
– 27,4 % für unfaire Prozesse und willkürliche Urteile berüchtigt
– 43,5 % an Gewalt gegen Frauen beteiligt.2
– 18 Staaten lassen auf Demonstranten schießen und Demonstranten töten.3
Kein deutscher Polizist würde sich mit einem Serieneinbrecher, einem Räuber oder einem
Totschläger freiwillig an einen Tisch setzen und freundlichen Umgang pflegen, kollegial zusammenarbeiten
und gemeinsame Seminare besuchen. Schon gar nicht würden das Führungspersonen
im Polizeimanagement gut heißen.
Und trotzdem passiert es Tag für Tag: Es sind Schläger, Erpresser, Vergewaltiger und
Mörder in ausländischen Polizeibehörden, „Kollegen“ also, die in der internationalen polizeilichen
Zusammenarbeit kritiklos akzeptiert werden. Es handelt sich auf der Führungsebene
sogar um solche, die für Folter und politischen Mord in ihrem Heimatland eine Mitverantwortung
tragen.  

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Bürger- und Menschenrechtler fordern Achtung des Folterverbots und parlamentarische Kontrollen für BKA-Auslandseinsätze
Einladung zu einer gemeinsamen Pressekonferenz für die Präsentation des Buches "BKA - Polizeihilfe für Folterregime"

Wer
Dieter Schenk, Autor und ehem. Kriminaldirektor des BKA
Dr. Alexander Behrends, Lektor des Verlags J. H. W. Dietz Nachf.
Wolfgang Grenz, Abteilungsleiter Länder & Asyl der deutschen Sektion von Amnesty International
Dr. Ferdinand Haenel, Psychiater und Leiter der Tagesklinik am Berliner Behandlungszentrum für Folteropfer
Dr. Fredrik Roggan, Strafverteidiger und Sachverständiger für Polizei- und Geheimdienstrecht, stellv. Vorsitzender der Humanistischen Union

Wann
Dienstag, 7. Oktober 2008,  11.00 Uhr

Wo
Robert-Havemann-Saal im Haus der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Straße 4, 10405 Berlin

Deutsche Sicherheitsbehörden kooperieren mit mindestens 106 Staaten, die Menschen foltern lassen oder misshandeln. In seinem neuen Buch "BKA - Polizeihilfe für Folterregime" stellt Dieter Schenk, ehemaliger Kriminaldirektor des Bundeskriminalamtes, die Schattenseiten der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit dar. Am Beispiel des BKA beschreibt er, wie dessen internationale Verbindungsbeamte mit folternden und korrupten Sicherheitsbehörden kooperieren. Durch weitgehend informelle Kooperationen erhält das BKA regelmäßig Kenntnis von Verbrechen und gravierenden Menschenrechtsverletzungen in den Partnerstaaten, teilweise sind die Beamten am Ort des Geschehens. Die Einhaltung menschenrechtlicher Standards spiele bei der Planung und Durchführung der Polizeientwicklungshilfe in Millionenhöhe keine Rolle, eine »Demokratisierung« in den Partnerstaaten sei nicht zu erwarten. Dieter Schenk fordert deshalb eine parlamentarische Kontrolle für internationale Polizeieinsätze sowie die Verpflichtung aller eingesetzten Verbindungsbeamten auf die Einhaltung menschenrechtlicher und rechtsstaatlicher Grundsätze der Polizeiarbeit. Eine polizeiliche Zusammenarbeit um jeden Preis darf es genau so wenig geben wie das Tabu gebrochen werden muss, dass mehr als die Hälfte der Interpol-Mitgliedsstaaten foltern oder misshandeln.

Das Buch wird gemeinsam mit dem Autor von Amnesty International, dem Behandlungszentrum für Folteropfer, der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union und dem J.H.W. Dietz-Verlag vorgestellt.

Das internationale Folterverbot gilt auch für internationale Polizeieinsätze. Wenn deutsche Sicherheitsbehörden die Ergebnisse von Folterverhören nutzen, werden sie stillschweigend zu Befürwortern dieser unmenschlichen Praxis. Wolfgang Grenz (Amnesty International) wird erläutern, warum die Einhaltung menschenrechtlicher Standards Vorrang gegenüber der polizeilichen Informationsgewinnung haben und bestehende Kooperationen mit folternden Sicherheitsbehörden beendet werden müssen.

Dr. Ferdinand Haenel (Behandlungszentrum für Folteropfer) berichtet von den bleibenden Folgen für die Opfer von Folter und unmenschlicher Behandlung.

Der Bundestag berät derzeit über einen Gesetzentwurf, der eine erhebliche Ausweitung der Aufgaben und Befugnisse des BKA zur Verfolgung des internationalen Terrorismus vorsieht. Die Zahl internationaler Einsätze des BKA würde damit ansteigen, deren parlamentarische Kontrolle ist jedoch nicht vorgesehen. Dr. Fredrik Roggan (Humanistische Union) berichtet über diese und weitere rechtsstaatliche Mängel des Gesetzentwurfs.

Verlagslektor Dr. Alexander Behrends wird die Veranstaltung moderieren.

Auf der Pressekonferenz stehen der Autor und die Experten der Bürger- und Menschenrechtsorganisationen für Ihre Fragen zur Verfügung. Für Journalisten liegen Rezensionsexemplare des Buches bereit. Bei Rückfragen ist Ihnen die Geschäftsstelle der Humanistischen Union gern behilflich:

Humanistische Union e.V.
Sven Lüders
Tel.: 030 / 204 502 56
Fax: 030 / 204 502 57
E-Mail: info@humanistische-union.de

 

Buch & Autor

Dieter Schenk: BKA. Polizeihilfe für Folterregime
Bonn, Verlag J.H.W. Dietz Nachf. - Oktober 2008
400 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag
ISBN 978-3-8012-0388-7, 28 Euro

Dieter Schenk
geb. 1937, von 1981 bis 1989 Kriminaldirektor im BKA, verließ das BKA 1989 wegen unüberbrückbarer Gegensätze. Schenk ist Gründungsmitglied der Bürgerrechtsorganisation »Business Crime Control« (1991) und der »Ko-Gruppe Polizei« bei Amnesty International (1992). Seit 1993 NS-Forschung mit Schwerpunkt Polen. Honorarprofessor der Uni Lodz, Ehrenbürger der Stadt Danzig, Träger des Fritz-Bauer-Preises der Humanistischen Union. Zahlreiche Buchveröffentlichungen, u. a.: »BKA. Die Reise nach Beirut« (1990), »Der Chef. Horst Herold und das BKA« (1998), »Hitlers Mann in Danzig« (2000), »Auf dem rechten Auge blind. Die braunen Wurzeln des BKA« (2001), »Der Lemberger Professorenmord« (2007).
www.dieter-schenk.info

Die Vertreter der Bürger- und Menschenrechtsorganisationen

Wolfgang Grenz
ist Leiter des Referats Länder & Asyl der deutschen Sektion von Amnesty International

Dr. Ferdinand Haenel
ist Arzt für Psychiatrie und Leiter der Tagesklinik des Berliner Behandlungszentrums für Folteropfer, das medizinische und sozialtherapeutische Hilfen für Betroffene anbietet

Dr. Frederik Roggan
ist stellvertretender Bundesvorsitzender der Humanistischen Union und berät als Straf- und Verfassungsrechtler regelmäßig Bund- und Länderparlamente bei neuen Gesetzgebungsvorhaben zum Polizei-, Geheimdienst und Gefahrenabwehrrecht. Er war Sachverständiger bei der parlamentarischen Anhörung über den Gesetzentwurf zur BKA-Reform am 15. September 2008 im Innenausschuss des Deutschen Bundestags.

 

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Auszug aus meinem Buch "BKA - Polizeihilfe für Folterregime" ( Seiten 330-343)

Anlage I     Tabelle Menschenrechtsverletzungen 2007
Anlage II    Index Menschenrechtsverletzungen 2007
Anlage III   Ranking Menschenrechtsverletzungen 2007

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